Widersprüchliche Polemik und kurzer Horizont

Der Diskussionsprozess ist offenbar in jenen Gemeinden vergiftet, welche bei der ersten TenneT-Vorstellung der Trassenplanung zur Juraleitung P53 im Mai 2019 völlig überraschtwaren und mangelnde Information beklagten, während andere Gemeinden und Bürgerinitiativen damals schon 4 – 7 Jahre an dem Thema arbeiteten.

Geklagt wird z.B. über mangelnde Sachlichkeit und Transparenz der Berechnungsgrundlagen der Bundesnetzagentur. Neuere sachlich und wissenschaftlichfundierte Veröffentlichungen aus unverdächtigen Quellen, die diese Transparenz und klareAussagen zum Netzausbau bieten, werden aber konsequent ignoriert, da sie nicht in die eigene Denkblase passen: 

  • Agora-Energiewende: Anstieg des Strombedarfs bis 2050 um mindestens 60 %. 
  • Öko-Institut Freiburg: Bayern muss 30 – 39 % seines Strombedarfs importieren. 
  • Uni Darmstadt, FAU Nürnberg und andere in ESYS Studie „Zentrale und dezentrale Elemente im Energiesystem“.
  • Andere Bundestagsabgeordnete aus der Region nach sorgfältiger Recherche.

Argumentiert wird auch mit dem Strombedarf und dem Netzausbau bis 2030. Angesichts der TenneT-Planung mit einer Fertigstellung des Ersatzneubaus bis 2028 und einer angestrebtenCO2 Neutralität bis 2050, sind 2 Jahre ein sehr kurzer Horizont. Wie passt der zu manchenForderungen, die 70-80 Jahre alte Trasse weiter zu nutzen.

Immer wieder wird die Erhöhung der Spannung von 220 auf 380 kV angeprangert, obwohleine Spannungserhöhung gesundheitlich relativ harmlos ist und 380 kV seit den 70er Jahren im Übertragungsnetz Standard ist. Gleichzeitig wird die Verdoppelung im Mittelspannungs-Verteilnetz von 10 auf 20 kV in SC-Limbach als „Meilenstein für sichere Stromversorgung“gefeiert.

Die Frage, woher der Strom für den zukünftigen erhöhten Strombedarf kommt, beantwortet MdL Volker Bauer mit der Forderung nach einem Neubau direkt auf der Bestandstrasse: Neue Masten und Kabel mit größerem Querschnitt = Neubau. Die dickeren Kabel sollenwesentlich höhere Ströme ermöglichen. Genau die sind jedoch maßgeblich für die (im Unterschied zur elektrischen Strahlung) gesundheitsgefährdende magnetische Strahlung. Obwohl gerade ein Elektrotechniker mit Landtagsmandat das wissen sollte, will er Tausende von Anwohnernzwischen Raitersaich und Winkelhaid, die schon seit Jahrzehnten belastet sind, einer noch deutlich höheren gesundheitlichen Gefahr aussetzen. Aber nein –das ist kein St-Florians-Prinzip. Das ist keine Volksvertretung, sondern fast fahrlässige Körperverletzung. Bisher dachte ich, die zu Recht geforderten Mindestabstände wie auch die Menschenrechte gelten für alle Menschen... Ja, die Gemeinden haben in den letzten 50–60 Jahren Wohngebiete an die vorhandeneTrasse geplant. Alle Kontroll- und Aufsichtsinstanzen wie der Landkreis haben alle diesePlanungen unwidersprochen genehmigt. Wir alle haben über die Gefahren dazu gelernt und deshalb gelten inzwischen andere Regeln.

Dazu wird noch das Horrorbild einer 20-spurigen Autobahn gezeichnet. Nach den Regeln für den Autobahnbau und den vier Grundrechenarten wäre diese deutlich über 100 Meter breit. Wo soll dieser Platz für einen Neubau auf der Bestandstrasse z.B. in Katzwang oder Wendelstein zur Verfügung stehen?

Der Bau der Juraleitung P53 wurde im Bundesbedarfsplangesetz vom Bundestag beschlossen. Ob der laute und bunte Protest und eine grundsätzliche Ablehnung durcheinige Gemeinden den Ersatzneubau verhindern kann, ist zumindest fraglich. Statt einer „Fundamentalopposition“ (Ex-OB Thürauf) sollten die Initiativen und Kräfte vielleicht besser auf eine vernünftige Planung der TenneT mit Rücksicht auf alle Menschen und die Naturkonzentriert werden.

Wenn wir die Energiewende bis 2050 vollziehen wollen und müssen und sie voraussetzt, dass auch Verkehr und Wärme teilweise von fossilen Energien auf Strom umgestellt werden, muss die Frage beantwortet werden, wo dieser herkommt.

Auch ich würde gerne eine dezentrale, regionale Erzeugung unterstützen.In den über fünf Jahren, die ich mich intensiv mit dem Thema befasse, habe ich dafür nochkein einziges realistisches Konzept gesehen, welches rechtzeitig die unbedingt notwendigestabile und lückenlose Versorgung einigermaßen glaubwürdig sicherstellt.

Gerne lasse ich mich eines Besseren belehren.

Rudolf Göllner, Wendelstein

Zum Artikel „Ein propagiertes Miteinander sieht anders aus“ vom 15. Mai 2020

Sehr geehrte Frau Seelmann,

Ihre Kritik an unserer neu gegründeten Fraktion aus Freien Wähler und FDP des Marktgemeinderates in Wendelstein aus Ihrem Beitrag vom 15. Mai 2020 nehmen wir sportlich und als konstruktiv zur Kenntnis, distanzieren uns aber ganz deutlich von Ihrer Aussage, die CSU habe sich mit der Wahl von Dr. Jörg Ruthrof zum 3. Bürgermeisters die konsequente Unterstützung der eigenen Politik „erkauft“. Wir sind nicht käuflich, wir sind frei! Freie Wähler und Freie Demokraten.
Wir sind uns der Situation im neuen Marktgemeinderat in Wendelstein hinsichtlich der aktuellen Sitzverteilung und unserer Verantwortung vollauf bewusst und werden damit vertrauensvoll und verantwortungsvoll umgehen. Wir wollen uns nicht profilieren und wir werden auch keine „vasallenhafte CSU-Unterstützer“ sein. Unser Ziel ist es – und so interpretieren wir den Auftrag der Wählerinnen und Wähler – uns für eine nachhaltig fortschrittliche Gemeindepolitik einzusetzen. Transparenz, Aufklärung und der ständige, konsens- & lösungsorientierte Austausch mit allen Fraktionen des Marktgemeinderates, wie auch mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Marktgemeinde, stehen für uns dabei im Vordergrund.
Wir schätzen es, dass es in unserer Marktgemeinde mit der IBgW einen parteiunabhängigen Impulsgeber für unsere Gemeindeentwicklung gibt und freuen uns über jedes Feedback und auf konstruktive Gespräche mit Ihrer Initiative.

Jürgen Lechner, MGR & Fraktionsvorsitzender FW/FDP